Die Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten

Die Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten vertritt bundesweit die Interessen der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen und Universitäten. Seit über zehn Jahren ist sie aktiv an der Verbesserung der Situation der Lehre beteiligt. Zusammen mit der Deutschen Orchestervereinigung wirkt sie auf der Ebene der politischen Entscheider und steht im Austausch mit der Rektorenkonferenz der Musikhochschulen

Die Ergebnisse der Umfrage von 2022

Anfang 2022 wurde von der Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten an deutschen Musikhochschulen (bklm) ein Fragebogen zur Situation der Lehrbeauftragten an alle Musikhochschulen und Universitäten verschickt. 10 Jahre nach der großen bklm-Umfrage von 2012 ist dies nun die zweite Erhebung.

Diese Umfrage hat keinen Anspruch auf statistische Relevanz, sondern hat den Zweck, die aktuelle Situation in einer Momentaufnahme zu verdeutlichen und Denkanstöße für die weitere politische Arbeit zu geben.

1081 von schätzungsweise insgesamt 5088 Lehrbeauftragten haben an der Umfrage teilgenommen. 

Der Schätzwert ergibt sich, da ein Teil der Kolleg*innen an mehreren Hochschulen lehrt und die Datenerfassung dezentral erfolgt.


Ergebnisse 2022 in Zahlen


  1. An der Umfrage nahmen 999 Lehrbeauftragte von Musikhochschulen, 64 von Universitäten und 18 von anderen Einrichtungen (Hochschulen für Kirchenmusik, Pädagogische Hochschulen u.a.) teil.
  2. 70 % der Befragten unterrichten an einer Institution, 23 % an zwei und 5 % an drei.
  3. 28 % der Befragten unterrichten bis zu 5 SWS, 63,97 % zwischen 5 und 10 SWS, 6 % mehr als 10 SWS.
  4. 50 % der Befragten geben an, in der grundständigen Lehre (Klavier, Gesang, Theorie oder Korrepetition) tätig zu sein.
  5. 39 % der Befragten sind bis zu fünf Jahre an der Einrichtung tätig, 16 % fünf bis zehn Jahre, 16 % zehn bis fünfzehn Jahre, 24 % % mehr als fünfzehn bis zu dreißig Jahre und 4 % länger als dreißig Jahre.
  6. 15 % erwirtschaften mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit ihrem Lehrauftrag, 22 % mehr als ein Drittel und 63 % weniger als ein Drittel.
  7. Die Vergütung liegt (je 60 min) bei 8 % unter 30 €, 27 % erhalten zwischen 30-40 €, 49 % zwischen 40-50 €, 12 % zwischen 50-70 € und 1,8 % mehr als 70 €.
  8. Vor 5 Jahren lag die Vergütung 17 % unter 30 €, 37 % erhielten zwischen 30-40 €, 13 % zwischen 40-50 €, 2 % mehr als 50 €.
  9. 54 % geben an, keine Festanstellung neben dem Lehrauftrag zu haben. 13 % sind in einem Orchester, 12 % an einer Musikschule und 5 % an einer Musikhochschule angestellt.
  10. Die Unterrichtsvorbereitung wird bei 93% der Lehrenden nicht vergütet.
  11. Fahrtkosten werden bei 58 % der Befragten nicht gezahlt.
  12. Übernachtungskosten werden bei 58 % der Befragten nicht erstattet.
  13. 25 % der Befragten geben an, dass sie nicht in die Struktur der Institution eingebunden, 62 % dass sie bei Konzerten, Konferenzen, Aufnahmeprüfungen u.a. eingebunden werden.
  14. 53 % der Befragten wünschen sich eine Festanstellung in Teilzeit, 21 % eine volle Anstellung und 24 % eine freischaffende Tätigkeit
  15. Für die Zukunft wünschen sich 77 % eine höhere Vergütung, 58 % eine bessere soziale Absicherung und 49 % die Honorierung von Vorbereitungszeit. Mehrfachnennungen waren möglich.


Interpretation der Ergebnisse

Lehrtätigkeit allgemein

Viele Lehrbeauftragte haben an einer Institution einen Lehrauftrag. Da es oftmals nicht für den Lebensunterhalt ausreicht, unterrichten aber auch einige an mehreren Musikinstitutionen. Die Obergrenze des Lehrdeputats ist in den Bundesländern unterschiedlich und je Bundesland auch volatil. Der Umfang der Lehrtätigkeit beträgt bei zwei Drittel der befragten Lehrenden zwischen fünf und zehn Semesterwochenstunden.


Lehrinhalte und Dauer der Lehrtätigkeit

Die Hälfte der Befragten sind in der grundständigen Lehre wie Klavier, Theorie oder Korrepetition tätig. Diese Fächer werden dauerhaft benötigt. Es bestätigt, dass der Lehrauftrag nicht dazu verwendet wird, kurzfristige Bedarfe oder solche in sogenannten “Orchideenfächern” zu decken, sondern die Institutionen planen die Lehrbeauftragten in den Lehrbedarf zur Sicherung der Lehre dauerhaft ein. So sind 60 % der Lehrenden länger als 10 Jahre im Lehrauftrag tätig.


Finanzielle Aspekte des Lehrauftrags

Fünfzehn Prozent der Befragten erwirtschaften mit dem Lehrauftrag mehr als die Hälfte ihre Einkommens, zwei Drittel der Lehrenden setzen bis zu 30 % ihres Einkommens mit dem Lehrauftrag um.

Dabei ist die Vergütung weiterhin unterhalb der Empfehlungen der Berufsverbände: nur ca. 14 % erhalten mehr als 50 € je Stunde, knapp 2 % mehr als 70 € was sich einer angemessenen Honorierung verglichen am Verdienst der Festangestellten annähern würde. Im Vergleich zur Honorarsituation von vor 5 Jahren sind Verbesserungen zu erkennen, aber nicht flächendeckend und zuverlässig. An einigen Institutionen wurden die Honorare nicht erhöht.


Vergabepraxis

Der Lehrauftrag war als nebenberufliche Tätigkeit für Beamte und Angestellte gedacht, die sie als Arbeitnehmer (hier Lehrende) neben einer Festanstellung wahrnehmen können. Doch die Zahlen zeigen eindeutig, dass fast die Hälfte keine sozialversicherungspflichtige Anstellung haben. Zum Großteil wird ein Lehrauftrag inzwischen an freiberuflich Tätige vergeben.


Erstattung von Kosten

Bei der selbstständigen Tätigkeit als freischaffender Pädagoge ergeben sich oftmals Kosten, die mit der Honorierung in der Regel abgegolten sein sollten. Doch momentan erhalten 9 von 10 Lehrenden keine Vergütung der Vor- und Nachbereitungszeit, Fahrt- und Übernachtungskosten werden bei 6 von 10 nicht gezahlt.


Perspektiven für die Zukunft

Jeder zweite wünscht sich eine Lehrtätigkeit in einer Teilzeitstelle, jeder fünfte eine Vollzeitstelle und jeder vierte eine freischaffende Tätigkeit. In der Zukunft wünschen sich die Teilnehmer der Umfrage eine bessere Honorierung, eine bessere soziale Absicherung sowie eine Vergütung der Vor- und Nachbereitungszeit. 

Die Ergebnisse der Umfrage von 2012

Im Sommersemester 2012 führte die BKLM eine informelle Umfrage durch. Von den damals 4.827 Lehrbeauftragten an den 24 deutschen Musikhochschulen haben sich insgesamt 1.456 von 23 Musikhochschulen beteiligt. Die Ergebnisse:

Fast 45% der Umfrageteilnehmenden unterrichten insgesamt länger als 10 Jahre, das heißt, ein großer Teil der Lehrbeauftragten sind Langzeit-Dozenten, die durch ihre langjährige Erfahrung für den Unterrichts- und Prüfungs-Betrieb der Hochschulen nahezu unverzichtbar sind.

Fast 60 % geben an, dass der Lehrauftrag ein existentiell wichtiger Teil ihres Einkommens ist. Gleichzeitig geben über 60 % an, noch ein anderes vertragliches Arbeitsverhältnis zu haben. Dies stellt keineswegs einen Widerspruch dar; es ist vielmehr ein Hinweis auf die typischen beruflichen Patchwork-Existenzen, die aus mehreren Teilen bestehen. Keiner dieser Teile allein ist ausreichend zur Existenz-Sicherung, jeder dieser Teile ist unverzichtbar.

Lediglich etwa 13,4 % sind durch eine hauptberufliche Tätigkeit im Bereich Orchester / Theater abgesichert. Dies ist besonders interessant, da oft das Argument genannt wird, dass Lehrbeauftragte in großer Anzahl in Orchestern, Chören, Theatern abgesichert seien, was offensichtlich so nicht stimmt.

Ca. 79 % geben an, an einer festen Stelle (Teilzeit und/oder Vollzeit) interessiert zu sein.

Etwa in Drittel wird zu administrativen Tätigkeiten herangezogen, die nur teilweise vergütet werden.

Aus einzelnen handschriftlichen Ergänzungen wird zudem deutlich, dass zahlreiche Lehrbeauftragte die mangelnde Wertschätzung ihrer Arbeit beklagen.

12. BKLM 2021

Münsteraner Vereinbarung

Welche Rahmenbedingungen braucht gute Lehre?

Lehrbeauftragte sind seit Jahrzehnten eine tragende Säule in der Lehre an Musikhochschulen und haben eine große Verantwortung für die Studierenden. 

Neben einer sozialen Absicherung, einer fairen Vergütung und einer beruflichen Perspektive haben die Hochschulen eine Fürsorgepflicht für alle Lehrenden. 

11. BKLM 2020

Rostocker "Ruf nach Gerechtigkeit"

10 Jahre bklm: 
Der „Lehrauftrag“ im Spannungsfeld zwischen Realitätsverlust und Überlebenskampf.

Die Vergütung einer Tätigkeit vollzieht sich 
- entweder in Geld (zu Lasten arbeitsvertraglicher Sicherheit) 
- oder in Sicherheit (zu Lasten des Geldes).

Die Teilnehmer der 11. bklm kommen zu der ernüchternden Erkenntnis:

Lehrbeauftragte werden adäquat weder in Geld noch in Sicherheit vergütet.

  • Das Honorar ist nicht auskömmlich.
  • Der Fortführung des Lehrauftrags ist von Wohl und Wehe der Hochschule abhängig.

10. BKLM 2019

Stuttgarter Reformatio

Im zehnten Jahr ihres Bestehens und Wirkens hat sich die Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten an deutschen Musikhochschulen (BKLM) zum Ziel gesetzt, zur Verbesserung der unfairen Arbeitsbedingungen von Lehrbeauftragten einen Appell an Politik und Hochschulleitungen zu richten.

Der Freiraum der Lehrbeauftragten

weitere Erläuterungen

Der Staat hat einer Arbeitswelt Raum gegeben, die das mühevoll erkämpfte Arbeitsrecht aushebelt und die Lehrenden entrechtet. Die Regierungen in Land und Bund haben einen Rechtsraum „eigener Art“ geschaffen, in dem sogar das Verfassungsrecht nicht relevant erscheint. Mit zu wenigen Stellen an den Hochschulen zwingt der Staat die meisten Künstlerlehrer in die Freiberuflichkeit. Gleichzeitig schränkt er diese "Freiberuflichkeit" mit dem für Beamte geschaffenen Verwaltungsrecht massiv ein. Lehrbeauftragte müssen deshalb zu oft unter einem Mindestmaß an sozial gerechten und menschlichen Arbeitsbedingungen arbeiten.

2016 "Dresdner Erklärung"

Ohne Lehrbeauftragte würde der Lehrbetrieb an den Musikhochschulen kollabieren. 40-60 % des Unterrichts wird dort von Lehrbeauftragten erteilt. Die Gesellschaft ist auf diese Dienst angewiesen und nimmt sie dankbar in Anspruch. 

Anders als bei festangestellten Dozenten wurde die Vergütung der Lehraufträge in den vergangenen Jahrzehnten nur teilweise an die allgemeine Lohnentwicklung angeglichen. Deshalb erhalten Lehrbeauftragte heute für ihre Arbeit nur ca. 22-44 % dessen, was vergleichbare festangestellte Dozent*innen verdienen. 

2012 "Mindeststandards der Arbeitsbedingungen"

Vorlage der Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen zur Rektorenkonferenz in Düsseldorf am 06.06.2012

Stellungnahme der Rektorenkonferenz

Stellungnahme der Kultusminister


2011 "Frankfurter Resolution"

Lehraufträge an deutschen Musikhochschulen sollten ursprünglich der Ergänzung des Lehrangebots dienen. Die Realität sieht jedoch anders aus: Weit über die Hälfte des Unterrichts wird - bereits seit Jahren - von Lehrbeauftragten erteilt, so dass nur noch von einer Sicherstellung des Lehrangebots durch Lehraufträge gesprochen werden kann.