Aktuelles

Erklärung zur 14. BKLM - Raus aus dem Schattendasein

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Raus aus dem Schattendasein

 

Lehrbeauftragte fehlen in statistischen Daten – gesetzliche Lücken schließen

 

Zuwachs für die Musikinstitutionen

Seit Gründung der bklm 2011 ist durch ihre kontinuierliche Lobby- und sachliche Aufklärungsarbeit viel erreicht worden: ein finanzieller Zuwachs und Stellenaufwuchs in den Haushalten vieler der 24 Musikhochschulen ist im Gange.

 

Lehrbeauftragte: Pflichten ohne Rechte

Trotz des Erfolges der BKLM, bei den politischen Entscheidungsträgern für die Hochschulen einen Aufwuchs im Honorarbereich erreicht zu haben, gibt es nach wie vor Probleme bei der Verteilung vor Ort: die erzielten finanziellen Verbesserungen kommen nicht bei allen Lehrbeauftragten an. 

 

Der Blick in die Länder und Hochschulen zeigt:

Insbesondere da, wo eine starke, strukturell unabhängige Lehrbeauftragten-Vertretung Mitsprache hat oder die Lehrbeauftragten auf ein soziales Verständnis der Hochschulleitungen auf Augenhöhe treffen, kommen die Gelder und Stellen bei den Lehrbeauftragten an. Dort wo dies nicht gelingt, kommt es vermehrt zu Verteilungs- und Konkurrenzkämpfen, die häufig zu Lasten der Lehrbeauftragten gehen.

 

Für ein besseres Verständnis der Situation der Lehrenden braucht es aussagekräftige Daten, die momentan nach übereinstimmender Meinung aller Akteur*innen ungenügend sind. Um den Interessen der Lehrbeauftragten gerecht zu werden, braucht es eine Änderung des Hochschulstatistikgesetzes, welche konkrete Rückschlüsse auf Lebens- und Berufssituationen der Lehrbeauftragten ermöglichen, um den Hochschulen sowie den politischen Entscheidungsträgern optimale Handlungsempfehlungen geben zu können.  


Einladung zur 14. BKLM

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Die diesjährige BKLM findet am 28.10.2023 von 10 - 15 Uhr via Zoom statt. Anmeldung bis 15.10. per Mail (Nennung der Hochschule / Universität) bis zum 15.10. an [email protected]

Zeitungsartikel der FAZ vom 23.08.2023

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Die Sprecher Ulrike Höfer und Sebastian Haas im Interview mit FAZ. Zum Artikel.

1. Digitaler Stammtisch "Lehrbeauftragte an Musikhochschulen / Universitäten" am 12.06.23 20 Uhr

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Ganz herzlich laden wir Euch zum ersten digitalen Stammtisch der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen / Universitäten ein. 

Wir als BKLM und Unisono wollen mit Euch gemeinsam ins Gespräch, welche für Herausforderungen im Lehrbetrieb, auf hochschulpolitischer Seite oder auch ganz allgemein Euch momentan bewegen. 

Gerade am Beginn eines Lehrauftrags sind sicherlich noch viele Fragen offen und man kann von der Erfahrung der langjährig tätigen Kolleg*innen bestimmt profitieren. Die Ergebnisse können wir dann als BKLM und Unisono (ehemals DOV) für unsere hochschulpolitische Arbeit auf Bundesebene nutzen. 

Die Veranstaltung richtet sich an alle Lehrbeauftragte an Musikhochschulen und Universitäten.


Der Termin ist Montag, 12.06. 20 Uhr.

Zoom Link:

https://us02web.zoom.us/j/84076812992?pwd=MDUvdHFjNGRJMGRwTnB5eXpJdkhlZz09

Meeting-ID: 840 7681 2992
Kenncode: 356582

Artikel in der NMZ zur Situation der Lehrbeauftragten

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Nimmt jemand den Dampfkessel vom Herd?

(nmz) - „Die Situation der Lehrbeauftragten an den deutschen Musikhochschulen hat sich zu einer komplexen Problematik entwickelt, die für die Lehrbeauftragten wie für die Hochschulen selbst gleichermaßen nicht befriedigend ist.“

 

So leitet die Rektorenkonferenz der deutschen Musikhochschulen (RKM) ihr Positionspapier ein, das Mitte Januar verabschiedet wurde. So lapidar und selbstverständlich das zunächst einmal klingt, so bemerkenswert ist es. Denn es handelt es sich dabei tatsächlich um die erste gemeinsame Stellungnahme der Musikhochschulrektor*innen zu einem Thema, das in seiner Problematik seit Jahrzehnten besteht und spätestens seit Gründung der Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen (BKLM) vor 12 Jahren hochschulpolitisch auf der Agenda steht.

Die RKM bezieht sich dann auch auf den Bericht des Hochschulausschusses der Kultusministerkonferenz von 2014, der „bis heute in seinen wesentlichen Aspekten Gültigkeit“ habe, und formuliert – neben grundsätzlichen Thesen zur Bedeutung und Wertschätzung der Lehrbeauftragten – Ziele, für die sich Hochschulen, Lehrbeauftragte und Politik ihrer Meinung nach gemeinsam einsetzen sollten. Aufhorchen lässt dabei die angestrebte Perspektive, in den nächsten acht bis zehn Jahren durch zusätzliche Mittelbaustellen auf einen Lehrbeauftragten-Anteil von möglichst nicht mehr als 30 Prozent zu kommen. Als Fazit fordert die RKM von den Länderministerien die notwendigen Haushaltsmittel für diese neuen Stellen „in Fächern mit planbaren Dauerbedarfen“.

Die Antwort von Seiten der Lehrbeauftragten ließ nicht lange auf sich warten. Mitte Februar begrüßte unisono, die Deutsche Musik- und Orchestervereinigung, auch im Namen der BKLM, dass sich die RKM zu ihrer Verantwortung für die Lehrbeauftragten bekannt habe, äußerte aber auch Kritik: Über die Hälfte der Lehrbeauftragten sei freischaffend tätig und laut Statistik der Künstlersozialkasse seien ihre Einkommensverhältnisse alle prekär, argumentierte unisono und widersprach damit der RKM-Formulierung, wonach die oft zu geringe und nicht auskömmliche Bezahlung sowie die unzulängliche soziale Absicherung „in Einzelfällen zu prekären Situationen führen“ könne. Vor allem stören sich unisono und BKLM aber daran, dass ihrer Meinung nach die RKM „die Verantwortung für die finanzielle Machbarkeit einer fairen Vergütung und besserer Arbeitsbedingungen […] ausschließlich bei den jeweiligen Landesministerien“ sehe und sich somit „die Verantwortlichen von RKM und Landeshochschulpolitik wechselseitig die Bälle zuspielen, ohne dass es zu echten Verbesserungen kommt“.

Im Gespräch mit dem Hochschulmagazin der nmz erläutern Jan-Christian Hübsch, stellvertretender unisono-Geschäftsführer, und Sebastian Haas, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands von unisono und Sprecher der BKLM, ihre Positionen. Hübsch sieht beim Hin und Her zwischen Ministerien und Rektoraten die Kehrseite der Hochschulautonomie, die man prinzipiell positiv sehe. Er verweist aber auf die rechtliche Lage, wonach in den Landeshochschulgesetzen sinngemäß seit Jahr und Tag dasselbe steht: Lehrbeauftragte unterliegen einem „öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis eigener Art“, der Lehrauftrag begründet also kein Dienstverhältnis. Ein entscheidender Schritt wäre es deshalb laut Hübsch, „weg vom einseitigen Lehrauftrag hin zu einem Lehrvertrag zu kommen, bei dem die Bedingungen per se ausgewogener wären, weil ein solches Beschäftigungsverhältnis nicht einseitig per Verwaltungsakt konstruiert wäre, sondern auf gegenseitiger Basis und damit auch einer adäquaten gerichtlichen Überprüfung zugänglich wäre.“

Mühselige Lobbyarbeit

Sebastian Haas, Lehrbeauftragter an der HfM Dresden, hat in Sachsen die Initiative „Faire Lehre“ mit ins Leben gerufen, die im November des vergangenen Jahres mit einer Demonstration vor dem sächsischen Parlament viel Aufmerksamkeit erzeugt und wohl auch einiges bewirkt hat. Er weiß um die mühselige Lobbyarbeit, die in jedem einzelnen Bundesland aufgrund wechselnder Akteure und politischer Konstellationen immer wieder neu geleistet werden muss. Das grundlegende Problem sieht Haas darin, dass der schon lange anvisierte Rückbau der Lehrbeauftragten zugunsten neuer Stellen bis auf wenige Ausnahmen kaum vorankomme.

Die Verbesserungen, die es immerhin bei der Honorierung fast überall gegeben hat, erkennt er an, relativiert aber: „Das ist wie bei einem Dampfkessel, der brodelt, bis der Druck zu hoch wird. Dann geht er ein bisschen auf und es entweicht etwas Dampf. Aber den Topf mal vom Herd zu nehmen und vielleicht andere Gefäße zu befüllen, das haben die Politik und auch die Rektorenkonferenz bisher nicht geschafft.“ Die Erhöhungen der Honorarsätze müsse man im Übrigen inflationsbereinigt und im Vergleich zu den Tarifaufwächsen im öffentlichen Dienst sehen: „Da sind wir noch weit davon entfernt.“

Spielräume fehlen

Susanne Rode-Breymann, die Vorsitzende der RKM, betont gegenüber der nmz die Bedeutung des gemeinsamen Positionspapiers, schließlich sei man bisher bei diesem Thema stets an der Verschiedenheit der Bundesländer gescheitert. In Bayern sei auf dieser Grundlage bereits Geld in Aussicht gestellt worden. Die Kritik von unisono und BKLM, die Hochschulen würden in ihrer gemeinsamen Stellungnahme die Verantwortung einfach nur wieder von sich weg- und der Politik zuschieben, will sie so nicht stehen lassen und verweist auf die Fakten: „Wir haben eben keine großen Spielräume im Haushalt. Die Millionen, die wir bekommen, sind zu sehr hohen Prozentzahlen gebunden, zum Beispiel an Gehälter. Ich kann nicht einfach Professoren, die ich als Beamte eingestellt habe, entlassen. Die Summen, die verschoben werden können, sind minimal.“

Die grundsätzliche Position der RKM erläutert sie so: „Wir bekennen uns dazu, dass wir einen bestimmten Anteil an Lehraufträgen brauchen, etwa in Lehramtsstudiengängen, in denen sich jedes Jahr Kandidat*innen mit anderen Instrumenten bewerben, die man dann entsprechend flexibel anbieten muss. Auch wollen wir weiterhin gezielt Menschen aus der Praxis an die Hochschulen holen können. Das wären dann in etwa die 30 Prozent Anteil an der gesamten Lehre. Für alles übrige wird es ohne feste Mittelbaustellen nicht gehen.“ Auch diese „Lehrkräfte für besondere Aufgaben“ hätten dann allerdings, stellt Rode-Breymann klar, keinen Stundenlohn von 90 Euro, wie ihn unisono und BKLM als „faire Vergütung“ für Lehraufträge forderten.

Wie geht es nun weiter zwischen der RKM und den Lehrbeauftragten? BKLM und unisono hatten im März Hochschulrektor*innen einzeln angeschrieben und zum Dialog an den jeweiligen Häusern angeregt. Wie Susanne Rode-Breymann betont, will man als RKM aber weiterhin mit einer Stimme sprechen, also gemeinsam antworten und dann einen Gesprächstermin vereinbaren. Warum ihr das trotz unterschiedlicher Situationen vor Ort so wichtig ist, begründet sie so: „Es geht nicht darum zu sagen, dass das eine Bundesland besser ist als das andere, und wenn es zum Beispiel in einem Land nur eine Musikhochschule gibt, kann diese mit dem Verweis darauf, dass sie bundesweit mit dem Problemfeld Lehrauftrag kein Einzelfall ist, ganz anders argumentieren.“

Indizien dafür, dass allmählich etwas mehr Bewegung in die seit Jahren immer nur in kleinsten Schritten vorangehende Lösung des Strukturproblems Musik-Lehrauftrag kommen könnte, sind in Sachsen auszumachen. Dort warten Sebastian Haas und seine Mitstreiter*innen gespannt darauf, was das (zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch nicht verabschiedete) neue sächsische Hochschulgesetz bringen wird. „Es war ein Wahlrecht für die Musikhochschulen zwischen Honorarvertrag und Verwaltungsakt im Gespräch“, sagt Haas, was man allerdings ablehne. Der Schutz des Einzelnen soll seiner Ansicht nach im Vordergrund stehen, nicht der Schutz der Hochschule: „Wir wollen, dass der Gesetzgeber die Hochschulen hier mehr in die Pflicht nimmt.“  In einer letzten Ausschusssitzung vor der Verabschiedung hätten sich indes keine diesbezüglichen Verbesserungen abgezeichnet, so Haas, der bilanziert: „Schade – wir bleiben weiter dran!“

Beispiel Hannover

Welche besonderen Konstellationen es an einzelnen Häusern geben kann, damit ist man in Hannover, wo Susanne Rode-Breymann Präsidentin der Hochschule für Musik, Theater und Medien (HMTM) ist, gerade ganz konkret konfrontiert: Ein Großteil der Lehrbeauftragten im Bereich Jazz, Rock, Pop legte ab 1. Mai für drei Wochen ihre Arbeit nieder. Der Anteil an der Lehre, den sie in diesem Bereich abdecken, liegt bei über 70 Prozent. Gegenüber der Hochschulleitung und dem niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur forderten sie „eine sofortige Erhöhung des Honorars auf 50 Euro pro erteilter Stunde, der weitere Schritte folgen müssen“, das Schaffen fester Stellen „an Positionen, in denen über den Unterricht hinausgehende Verantwortung übernommen werden muss“ und eine „erneute Überprüfung der rechtlichen Zulässigkeit von Auslagenerstattung von Fahrtkosten sowie Beachtung dieser in der Vergütung in geeigneter Form“.

Honorarprofessor Michael Gudenkauf, Lehrbeauftragter an der HMTM unter anderem für Jazz-Kontrabass, E-Bass, Musikpädagogik, Methodik und Didaktik, schildert gegenüber der nmz, was das Fass zum Überlaufen gebracht hat: Im Zusammenhang mit einer Demonstration von Musikerinnen und Musikern, die vor dem Landtag eine bessere finanzielle Unterstützung der Rock-, Pop- und Jazzkultur gefordert hatten, hatte der damalige Wissenschaftsminister Björn Thümler in einem Interview mit dem NDR davon gesprochen, man habe „die grundlegende Ausbildung an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover jetzt endlich mal durchfinanziert“, sodass „quasi auch die Grundausbildung von Jazz und Pop gesichert“ sei. „Das hat uns natürlich nicht gefallen“, so Gudenkauf, „und wir haben uns gefragt, wie man eine Ausbildung als gesichert ansehen kann, wenn dort über 70 Prozent der Lehre von Menschen geleistet wird, die nicht angestellt sind und – zum Zeitpunkt von Thümlers Aussage – für eine Zeitstunde künstlerischen Unterricht 30 oder 36 Euro bekommen, wodurch sogar das Vor- und Nachbereiten des Unterrichts und die Abnahme der allermeisten Prüfungen abgegolten sein soll.“

Hinzu gekommen seien die Verunsicherung durch die Corona-Zeit und die steigenden Lebenshaltungskosten. „Man kommt an den Punkt, wo man sich fragt, ob man es sich noch leisten kann, Lehrbeauftragter zu sein, und das betrifft am Institut für Jazz/Rock/Pop immerhin rund 80 Prozent der Lehrenden“. Aus seiner Sicht sei es nötig, dass sich die Honorierung für eine Tätigkeit, für die ein Diplom- oder Masterabschluss gefordert wird, auch an den Entgeltgruppen des öffentlichen Dienstes mit entsprechender Qualifikation orientiere und mit der Lehre zwingend verbundene Zusammenhangstätigkeiten angemessene Berücksichtigung darin fänden.

Falko Mohrs, der Nachfolger von Björn Thümler, hat nun einen neuen Blick auf das Thema und antwortete dahingehend, dass die Ausgestaltung der Lehraufträge der Hochschulautonomie unterliege, dass man aber das Ziel verfolge, das Handlungsfeld guter Arbeitsbedingungen in den nächsten Hochschulentwicklungsvertrag aufzunehmen und dabei die Lehrbeauftragten sowie die Grundfinanzierung ebenfalls mit zu berücksichtigen. Bei aller Enttäuschung über die aktuelle Situation („alle sehen das Problem, aber wir sind gerade die Verlierer“), setzt Michael Gudenkauf darauf, dass es künftig ein Miteinander von Ministerium, Hochschule und Lehrbeauftragten geben wird: „Obwohl wir unterschiedliche Rollen vertreten, ist das Ziel ein gemeinsames“, hofft er. Diese Einschätzung bestätigt auch HMTM-Präsidentin Susanne Rode-Breymann, die  einräumt, dass man die letzte Erhöhung der Honorare um zwei Euro, die sich auf 100.000 Euro für alle Lehrbeauftragten summiert, „aus den Ecken gekratzt“ habe.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs wird einmal mehr deutlich, worin die tiefere Ursache der nun schon Jahrzehnte währenden Lehrauftrags-Misere liegt: Die deutschen Musikhochschulen sind schlicht und einfach „nicht auskömmlich finanziert“. Ein Blick nach Österreich, wo man sich einen Musik-Studienplatz das Dreifache kosten lasse, mache deutlich, so Rode-Breymann, um welche Größenordnung es gehe.

Perspektivwechsel

In eine ganz andere Richtung denkend regt sie darüber hinaus einen Wandel in den Köpfen von Hochschulabsolvent*innen an. Mit Blick auf den dramatischen Fachkräftemangel im musikpädagogischen Bereich – analog zur Deindustrialisierung spricht sie von einer drohenden „Demusikalisierung“ – möchte sie diese ermuntern, nach dem Studium nicht nur einen prestigeträchtigen Lehrauftrag an einer Musikhochschule in Betracht zu ziehen, sondern auch eine Tätigkeit an einer Musikschule.

Dazu müssten sich allerdings, möchte man einwenden, auch dort Arbeitsbedingungen und Bezahlung deutlich verbessern, wozu ein Nachtrag aus Sachsen passt: Die Stadt Leipzig hat angekündigt, dass an der Musikschule „Johann Sebastian Bach“ Honorarlehrkräfte künftig die Ausnahme bilden sollen und das Angebot einer Festanstellung der Normalfall werden soll. Vorbehaltlich  der Zustimmung des Stadtrates würden zunächst ab dem neuen Schuljahr 2023/24 für alle selbstständigen Beschäftigungsverhältnisse Sozialversicherungsbeiträge durch die Musikschule abgeführt. Für 2024 würden dann alle Honorarlehrkräfte das Angebot erhalten, nach Tarif im öffentlichen Dienst beschäftigt werden zu können. Damit übertreffe die Stadtverwaltung die Vorgaben des Bundessozialgerichts aus dessen Urteil vom vergangenen Jahr, so die Meldung vom 17. Mai. Na also, geht doch!


Positionspapier der RKM

Statement und PM zum Positionspapier der RKM 

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unisono fordert von Hochschulen Unterstützung der Musik-Lehrbeauftragten

RKM muss Hochschulautonomie für faire Vergütung nutzen

 

Berlin – unisono Deutsche Musik- und Orchestervereinigung begrüßt, dass sich die Rektorenkonferenz der deutschen Musikhochschulen in der HRK (RKM) zu ihrer Verantwortung für die Musik-Lehrbeauftragten bekennt. „In ihrem aktuellen Positionspapier sieht die RKM die Lehrbeauftragten als Eckpfeiler der Personalausstattung an den Musikhochschulen und erkennt an, dass ohne sie ein geordneter Lehrbetrieb nicht aufrechterhalten werden kann“, sagt Jan-Christian Hübsch, stellvertretender unisono-Geschäftsführer. „Allerdings zieht sie sich hinter die hochschulrechtlich geschaffenen und maßstabsetzenden Strukturen zurück, anstatt sie verändern zu wollen.“

 

In ihrem Papier stellt die RKM fest, dass im Lehrauftrag Tätige prekär Beschäftigte seinkönnen, wenn sie keinen Hauptverdienst neben dem Lehrauftrag haben. „Sie spricht also von Einzelfällen. Tatsächlich haben jedoch nur 15 Prozent aller Lehrbeauftragten eine feste Stelle in einem Orchester“, sagt Hübsch. „Über die Hälfte ist freischaffend tätig als Musikerin oder Pädagoge, und laut Statistik der Künstlersozialkasse sind ihre Einkommensverhältnisse alle prekär.“

 

Die Verantwortung für die finanzielle Machbarkeit einer fairen Vergütung und besserer Arbeitsbedingungen sieht die RKM ausschließlich bei den jeweiligen Landesministerien. „Nach Auffassung von unisono führt dies dazu, dass sich die Verantwortlichen von RKM und Landeshochschulpolitik wechselseitig die Bälle zuspielen, ohne dass es zu echten Verbesserungen kommt“, sagt Hübsch. „Das ist die Konsequenz politisch gewollter und landesrechtlich fixierter Hochschulautonomie.“

 

„Gemeinsam mit der BKLM, der bundesweiten Vertretung der Musik-Lehrbeauftragten, fordert unisono die RKM auf, vom Lehrauftrag als Verwaltungsakt Abstand zu nehmen und eine vertragliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Lehrbeauftragten und Hochschulen voranzutreiben sowie faire Honorare zu zahlen“, sagt Hübsch. Musik-Lehrbeauftragte an den Hochschulen werden im Schnitt mit 30 bis 50 Euro pro Stunde honoriert. Nach unisono-Berechnungen liegt eine faire Vergütung bei 90 Euro.

Positionspapier der RKM

09/2022 Zeitungsartikel ND: Lehrende an Musikhochschulen schlagen Alarm

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09/2022 Beitrag auf DLF Kultur

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Am 19.09. erschien ein Interview mit Vertreter*innen der Hochschulen Hanover und Hamburg zur Situation der Lehrbeauftragten:
zum DLF Kultur Beitrag

09/2022 13. BKLM digital

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Am 29.10. findet die 13. BKLM via Zoom statt. Eine Anmeldung für die Sprecher*innen der Musikhochschulen ist per Mail bis 16.10. möglich: [email protected]

04/2022 Thesenpapier der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen 2022

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zur PDF

Die Situation der Lehre an Musikhochschulen ist geprägt von einem jahrzehntelangen Missbrauch der Rechtsstellung der Lehrenden: obwohl die Hochschulen als Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet sind die Aufgabe der Hochschullehre und des Studienangebots zu übernehmen, wurde in den letzten dreißig Jahren diese Hauptaufgabe teilweise zu mehr als der Hälfte in freie Vertragsverhältnisse ausgegliedert.

Hinzu kommt eine rechtliche Besonderheit, die es den Hochschulen erlaubt, den Schutz vor einer Scheinselbstständigkeit und somit einer sozialversicherungspflichtigen Anstellung auszuhebeln: die Hochschulen vergeben den Lehrauftrag als Verwaltungsakt, was in fast allen Hochschulgesetzen als “öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art” beschrieben ist.

Die Folgen

  • Auf dem Rücken der oftmals freischaffend tätigen Lehrenden wurde das Studienangebot erweitert und in vielen Bereichen langjährig die grundständige Lehre mit diesen Lehrkräften abgedeckt.
  • Mit der Rechtsnatur des Lehrauftrags werden die Schutzmechanismen, die in solchen Rechtsgeschäften üblich sind, ausgehebelt, der Lehrauftrag entzieht sich als Verwaltungsakt der Gerichtsbarkeit im Sinne des SGB und der EU-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge.

Der Missbrauch der Rechtsnatur des Lehrauftrags kollidiert mit dem Grundgesetz,

  • weil ein Grundrecht aberkannt wird: ein Lehrbeauftragter kann i.d.R. vor keinem Arbeitsgericht seinRecht als die Person, die die Arbeit ausführt, einklagen (Art. 19 Abs. 3 GG)
  • weil Regierung und Hochschulen per Verwaltungsrecht ein Monopol auf die Honorargestaltung (Art. 9Abs. 3 GG) haben.
  • weil eine gewerkschaftliche Wirkungsmacht durch den Teilzeitcharakter und die langjährige

        Abhängigkeit massiv behindert wird (Art. 9 Abs. 3 GG) 

  • weil  sie per Definition ungleich behandelt werden bei gleicher Arbeit (Art.3 Abs.1 GG und Art.5 Abs. 3GG)


Wer sind die Lehrbeauftragten?

Die Lehrbeauftragten sind eine sehr heterogene Gruppe. Teilweise haben diese eine Festanstellung im Orchester oder sind bekannte Musikerpersönlichkeiten, die nicht auf das Honorar angewiesen sind. Doch in einem Sozialstaat wie in Deutschland geht es immer um den Schutz der Schwächsten, und diese sind die Selbstständigen und langjährig Lehrenden an den Musikhochschulen, die den Lehrauftrag als eine Haupteinnahmequelle haben.

Bisherige Bemühungen laufen ins Leere

Die bisherigen Bemühungen führten zu keiner deutlichen Verbesserung, was den Regelungsbedarf klar aufzeigt: Memorandi zum Umgang mit den Lehrenden haben keine rechtliche Bindung, eine gewerkschaftliche Wirkungsmacht fehlt aufgrund der EU-Regelungen zum Wettbewerbsrecht und durch den Föderalismus sowie der Hochschulautonomie herrscht ein Flickenteppich in den deutschen Musikhochschulen. Der Zukunftsvertrag, der die Lehre durch Bundesmittel verbessern soll, klammert in seiner Betrachtung die Lehrbeauftragten völlig aus.


Umfrageergebnisse der bklm

In der aktuellen Umfrage der BKLM mit mehr als 1000 Befragten wurde deutlich, dass die Hälfte der Lehrenden in der grundständigen Lehre wie Klavier, Theorie und Korrepetition tätig sind. Mehr als 60 % sind schon seit mehr als zehn Jahre im Lehrauftrag tätig. Für mehr als ein Drittel ist der Lehrauftrag die Haupteinnahmequelle.

Akuter Regelungsbedarf

Die Pandemie hat die prekären Bedingungen im Kulturbereich wie ein Brennglas verdeutlicht: viele freie Kulturschaffende können keine Rücklagen bilden, sei es für den Fall unvorhergesehener Ereignisse wie z.B. Krankheit noch für das Leben im Alter. Die Folge der sozialen Ausgrenzung ist deutlich spürbar: durch jahrelange Abhängigkeit im Lehrauftrag, ohne jegliche Zukunftsperspektive, noch eine angemessene Bezahlung, leben viele Kolleg*innen in der jetzigen Situation schon unterhalb des Mindestlohnniveaus, wie aus den Zahlen der Künstlersozialkasse ersichtlich ist.

Doch gerade die Expertise der Freischaffenden ist an den Musikhochschulen wichtig: ca. 80 % der Absolventen werden später keine Anstellung haben. Somit braucht eine Ausbildung in diesem Bereich die Erfahrung der selbstständigen Lehrbeauftragten.

Maßnahmen

Notwendigkeit: Leistung muss sich lohnen, das gebietet der Respekt vor unserer Kultur.
Um dem kulturellen gesamtgesellschaftlichen Bildungsauftrag der Musikhochschulen nachkommen zu können, benötigt es folgende Maßnahmen.

1. Überprüfung der Hochschulgesetzgebung auf Landes- und Bundesebene

Die rechtliche Sonderstellung des Lehrauftrags muss beendet werden, um einem Missbrauch vorzubeugen und dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziel für eine diskriminierungsfreie Kulturpolitik nachzukommen. Zukunftsorientierte Rahmenbedingungen für Freie Berufe müssen gesetzt werden.

2. Honorarrichtlinien auf Bundesebene
Nur so können Kulturschaffende eine soziale Teilhabe an der Gesellschaft erlangen und die Hochschulen, als Träger des öffentlichen Rechts, kommen ihrer Fürsorgepflicht allen Lehrenden gegenüber nach.
So erreichen wir das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel, Kunst und Kultur und ihre Vielfalt zu fördern und die soziale Lage von Künstler*innen zu verbessern.

3. 75 % der Lehre muss mit festangestelltem Personal gedeckt werden
Somit behalten die Hochschulen die Flexibilität im Lehrangebot, ohne ihre Hauptaufgabe an “Leiharbeiter” auszulagern.

03/2022 Auswertung der Umfrage zur Situation der Lehrbeauftragten 2022

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zur Auswertung

Anfang 2022 wurde von der Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten an deutschen Musikhochschulen (bklm) ein Fragebogen zur Situation der Lehrbeauftragten an alle Musikhochschulen und Universitäten verschickt. 10 Jahre nach der großen bklm-Umfrage von 2012 ist dies nun die zweite Erhebung.

Diese Umfrage hat keinen Anspruch auf statistische Relevanz, sondern hat den Zweck, die aktuelle Situation in einer Momentaufnahme zu verdeutlichen und Denkanstöße für die weitere politische Arbeit zu geben.
1081 von schätzungsweise insgesamt 5088 Lehrbeauftragten haben an der Umfrage teilgenommen.
Der Schätzwert ergibt sich, da ein Teil der Kolleg*innen an mehreren Hochschulen lehrt und die Datenerfassung dezentral erfolgt.

Ergebnisse 2022 in Zahlen - Schaubild in Anlage

  • An der Umfrage nahmen 999 Lehrbeauftragte von Musikhochschulen, 64 von Universitäten und 18 von anderen Einrichtungen (Hochschulen für Kirchenmusik, Pädagogische Hochschulen u.a.) teil.
  • 70 % der Befragten unterrichten an einer Institution, 23 % an zwei und 5 % an drei.
  • 28 % der Befragten unterrichten bis zu 5 SWS, 63,97 % zwischen 5 und 10 SWS, 6 % mehr als 10 SWS.
  • 50 % der Befragten geben an, in der grundständigen Lehre (Klavier, Gesang, Theorie oder Korrepetition) tätig zu sein.
  • 39 % der Befragten sind bis zu fünf Jahre an der Einrichtung tätig, 16 % fünf bis zehn Jahre, 16 % zehn bis fünfzehn Jahre, 40 % mehr als fünfzehn bis zu dreißig Jahre und 4 % länger als dreißig Jahre.
  • 15 % erwirtschaften mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit ihrem Lehrauftrag, 22 % mehr als ein Drittel und 63 % weniger als ein Drittel.
  • Die Vergütung liegt (je 60 min) bei 8 % unter 30 €, 27 % erhalten zwischen 30-40 €, 49 % zwischen 40-50 €, 12 % zwischen 50-70 € und 1,8 % mehr als 70 €.
  • Vor 5 Jahren lag die Vergütung 17 % unter 30 €, 37 % erhielten zwischen 30-40 €, 13 % zwischen 40-50 €, 2 % mehr als 50 €.
  • 54 % geben an, keine Festanstellung neben dem Lehrauftrag zu haben. 13 % sind in einem Orchester, 12 % an einer Musikschule und 5 % an einer Musikhochschule angestellt.
  • Die Unterrichtsvorbereitung wird bei 93% der Lehrenden nicht vergütet.
  • Fahrtkosten werden bei 58 % der Befragten nicht gezahlt.
  • Übernachtungskosten werden bei 58 % der Befragten nicht erstattet.
  • 25 % der Befragten geben an, dass sie nicht in die Struktur der Institution eingebunden, 62 % dass sie bei Konzerten, Konferenzen, Aufnahmeprüfungen u.a. eingebunden werden.
  • 53 % der Befragten wünschen sich eine Festanstellung in Teilzeit, 21 % eine volle Anstellung und 24 % eine freischaffende Tätigkeit
  • Für die Zukunft wünschen sich 77 % eine höhere Vergütung, 58 % eine bessere soziale Absicherung und 49 % die Honorierung von Vorbereitungszeit. Mehrfachnennungen waren möglich.

02/2022: "Münsteraner Vereinbarung" - Positionspapier der 12. BKLM

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Welche Rahmenbedingungen braucht gute Lehre?

Lehrbeauftragte sind seit Jahrzehnten eine tragende Säule in der Lehre an Musikhochschulen und haben eine große Verantwortung für die Studierenden. 

Neben einer sozialen Absicherung, einer fairen Vergütung und einer beruflichen Perspektive haben die Hochschulen eine Fürsorgepflicht für alle Lehrenden.
Hier geht es zum Positionspapier

10/21: digitale Konferenz der BKLM am 30./31.10.2021

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Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Sie sind herzlich eingeladen, am 

Samstag, den 30. und

Sonntag, den 31. Oktober 2021 jeweils von 11 bis 15 Uhr

an der virtuellen BKLM Konferenz 2021 teilzunehmen. Thema in diesem Jahr:

Musikhochschule 2025 - Visionen, Zielstellungen, Herausforderungen

Am Sonntag findet von 11-13 Uhr eine Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen der Hochschulen, Politik und Verwaltung statt. Gerne können an dem Termin auch interessierte Kolleg*innen der Hochschulen und Universitäten teilnehmen. 

Virtueller Gastgeber in diesem Jahr ist die Musikhochschule Münster. 

Die Tagesordnung versenden wir alsbald.

Wir bitten um verbindliche Anmeldung bis zum 15.10.2021 per Mail an [email protected]

Die Zugangsdaten zur Zoom-Konferenz senden wir Ihnen separat.


Wir freuen uns sehr auf eine rege Teilnahme! 


Herzlich,

Das Sprecher*innen Team der BKLM

09/21: Pressemitteilung der DOV: LB in Berlin brauchen endlich gute Arbeitsbedingungen 

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Musik-Lehrbeauftragte in Berlin brauchen endlich gute Arbeitsbedingungen

DOV und BKLM fordern Lehrauftrag als Beschäftigungsverhältnis, das den Maßstäben des geltenden Arbeitsrechts entspricht

 

Berlin – Im Vorfeld der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 26. September macht die Deutsche Orchestervereinigung auf die weiterhin prekäre finanzielle und soziale Lage vieler Musik-Lehrbeauftragten an den Berliner Hochschulen aufmerksam und fordert von den künftig zuständigen Landespolitikerinnen und -politikern eine nachhaltige Verbesserung.

 

„Lehrbeauftragte haben in der Regel keine Arbeitsverträge, sind für jeweils ein Semester befristet beschäftigt und verdienen im Schnitt 12.500 Euro pro Jahr“, sagt Jan-Christian Hübsch, stellvertretender Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung (DOV). „Eine nachhaltige Familien- und Lebensplanung ist so nicht möglich. Die Situation muss schnell und nachhaltig besser werden.“ Die DOV vertritt die Interessen der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen. Dabei arbeitet sie seit über zehn Jahren eng mit der Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen (BKLM) zusammen.

 

Nach jahrelangem Einsatz der Betroffenen und ihrer Interessenvertretungen hat das Land Berlin geringe Honorarerhöhungen und einige zusätzliche feste Stellen auf den Weg gebracht. „Solche kleinen Schritte reichen aber nicht. Die Rahmenbedingungen für die Beschäftigung müssen zeitgemäß werden“, sagt Hübsch. Momentan ist der Lehrauftrag noch als öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis ausgestaltet. „Er muss aber in ein Beschäftigungsverhältnis überführt werden, das den Maßstäben des geltenden Arbeitsrechts entspricht. Dann wird der Teufelskreislauf der prekären Beschäftigung durchbrochen. Eine solche Wertschätzung der Arbeit von Lehrbeauftragten ist lange überfällig.“
zum Flyer

07/21: Memorandum der GMTH

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Seit ihrer Gründung engagiert sich die GMTH für Belange der Lehrbeauftragten in den Fächern Musiktheorie und Gehörbildung. Diese Personengruppe macht einen großen Teil ihrer Mitglieder in Deutschland aus, und in Anknüpfung an die erwähnte Tradition plant der Vorstand eine neue Initiative mit mehreren Positionspapieren. Das vorliegende erste Papier thematisiert die mittelfristig umzusetzende Forderung nach einer Reduktion des von Lehrbeauftragten an deutschen Musikhochschulen zu erbringenden Anteils an der musiktheoretischen Lehre von derzeit 40–60% pro Hochschule auf maximal 20 %. 

  1. Die Beschäftigung von Lehrenden im Bereich Musiktheorie als Lehrbeauftragte ist, sofern die Tätigkeit über einen längeren Zeitraum in einem für die Sicherung des Lebensunterhalts relevanten Umfang ausgeübt wird, aus mehreren Gründen als ›prekär‹ zu bezeichnen:
    • Handelt es sich beim ergänzend zu einer festen Anstellung (z.B. als Orchestermusiker*in) wahrgenommenen Lehrauftrag in anderen Bereichen der Lehre an Musikhochschulen um ein verbreitetes Modell, so stellt hingegen der Lehrauftrag (bzw. die Kombination mehrerer solcher Tätigkeiten) als de facto hauptberufliche Tätigkeit speziell in Musiktheorie/Gehörbildung keine Seltenheit dar. Gleichwohl eignet sich die Beschäftigungsform des Lehrauftrags aufgrund der teilweise äußerst restriktiven Beauftragungsbedingungen kaum zur Ausgestaltung quasi hauptberuflicher Arbeits- und Lebensverhältnisse. Zwar ist innerhalb eines Bundeslands der Beschäftigungsumfang in der Regel auf relativ wenige Stunden pro Woche begrenzt; gerade deshalb arbeiten viele Musiktheorie-Lehrende jedoch an mehreren Orten und in mehreren Bundesländern zugleich als Lehrbeauftragte. Sie sind deshalb mitunter gezwungen, umfangreiche wöchentliche Dienstreisen auf sich zu nehmen.1
    • Die Entlohnung von Lehrbeauftragten erfolgt nach Stundensätzen (Ausnahme: Nordrhein-Westfalen). Musiktheorieunterricht erfordert einen im Vergleich mit künstlerischen Fächern i.d.R. weitaus höheren Aufwand bei der Vorbereitung, und auch bei der Nachbereitung (z.B. der Durchsicht von Hausaufgaben und wissenschaftlichen Hausarbeiten) handelt es sich um zusätzliche Arbeitszeit, die bei der Honorierung unberücksichtigt bleibt. Gemessen an der insgesamt aufzuwendenden Arbeitszeit bewegt sich somit die Bezahlung auf niedrigem Niveau.
    • Während der vorlesungsfreien Zeiten entfällt eine Vergütung vollständig (Ausnahme: Nordrhein-Westfalen). Zudem stellt sich trotz der bestehenden Interessenvertretungen für Lehrbeauftragte und der Unterstützung von deren Anliegen durch Gewerkschaften die Vergütung an den verschiedenen Standorten nach wie vor sehr unterschiedlich dar. Die Vergütungsproblematik betrifft die Unterrichtsentgelte, die Übernahme von Reisekosten sowie die mancherorts eklatant niedrigen Prüfungshonorare.
  2. Die umrissene Art der prekären Beschäftigung wirkt sich in vielerlei Hinsicht nachteilig auf die musiktheoretische Lehre und Forschung aus:
    • Die oben skizzierte prekäre berufliche Situation begünstigt v.a. dann, wenn sie zu einem dauerhaften Zustand wird, persönliche Unzufriedenheit bei Lehrbeauftragten. Überdies kann die Perspektive drohender Altersarmut das Entstehen von Zukunftsängsten und/oder Frustration befördern.
    • Die persönliche Unzufriedenheit von Lehrenden kann sich allgemein demotivierend auswirken, und sie begünstigt tendenziell auf lange Sicht eine nachlassende Begeisterung für den eigenen Beruf und eine Begrenzung des persönlichen Engagements, wobei ausdrücklich festzuhalten ist, dass Folgen dieser Art nur bei einem Teil der Betroffenen auftreten. Vom Prinzip her aber wirkt vor allem die Langzeitbeschäftigung im Lehrauftrag Bemühungen um Qualitätssicherung oder -steigerung der musiktheoretischen Lehre in kontraproduktiver Weise entgegen.
    • Der oben unter a) erwähnte durch Dienstreisen geprägte Lebensstil ist oftmals nicht mit einem Familienleben kompatibel und hält v.a. Frauen davon ab, sich für eine solche Tätigkeit zu entscheiden, was zu einer Forcierung der bereits vorhandenen Geschlechterdisparität in unserem Fach führt: Musiktheorie wird in Deutschland insgesamt von deutlich mehr Männern unterrichtet als von Frauen.
    • Es schadet dem Ansehen des Fachs, wenn sich musiktheoretische Lehre als durch geringe Honorierung und prekäre Beschäftigung geprägt darstellt.
  3. Die GMTH unterstützt folglich alle Bemühungen von Hochschulen und anderen kulturpolitischen Institutionen, die darauf abzielen, den Anteil der Lehrbeauftragten im Bereich Musiktheorie zu verringern. Unter bestimmten Umständen können temporär begrenzte Lehraufträge, etwa bei Vertretungsfällen oder für Berufseinsteiger*innen, auch weiterhin sinnvoll eingesetzt werden. Aber: Eine Begrenzung des Lehrauftrags-Anteils an der musiktheoretischen Lehre auf nicht mehr als 20 % sollte jede deutsche Musikhochschule anstreben.
    Die Umsetzung der geforderten Reduktion des Lehrbeauftragten-Anteils darf nur unter folgenden Voraussetzungen stattfinden:
    • Der Strukturwandel ist sozial verträglich zu gestalten. Insbesondere sollten langjährig als Lehrbeauftragte wirkende Mitarbeiter*innen keinesfalls aufgrund der Schaffung fester Stellen ersatz- und umstandslos ihre Beschäftigung verlieren.
    • Der Strukturwandel darf nicht zu einer Verringerung des Gesamtvolumens des erteilten Unterrichts in Musiktheorie und Gehörbildung führen. Vielmehr muss im Interesse der Qualitätssicherung der Unterricht weiterhin in Kleingruppen stattfinden.
    • Die Einrichtung fester Stellen im sog. akademischen Mittelbau darf nicht einen Abbau von Musiktheorie-Professuren nach sich ziehen.
    • Arbeitsverhältnisse im Lehrauftrag sollen der Ergänzung der Lehre dienen und können insbesondere für Berufseinsteiger*innen im Bereich Musiktheorie für begrenzte Zeit sinnvoll sein. In diesem Sinne können sich auch auf lange Sicht ›Förderlehraufträge‹ als effektive Modelle erweisen – mit einer klaren Entwicklungsperspektive an einer Institution oder in Verbindung mit der Möglichkeit zur Weiterqualifikation. Gleichwohl müssen die Honorierung und Arbeitsbedingungen von Lehrbeauftragten weiterhin verbessert werden.

Die Forderung nach einem Rückbau von Lehraufträgen zugunsten von mehr festen Stellen im Bereich Musiktheorie wird sich nicht kostenneutral umsetzen lassen. Dass ein solcher Strukturwandel gleichwohl umsetzbar ist, zeigen Beispiele einzelner Musikhochschulen, an denen entsprechende Initiativen stattfinden. Die Bundesländer Baden-Württemberg2 und Nordrhein-Westfalen3 haben in jüngster Zeit bereits Maßnahmen ergriffen, mit denen auf eine deutliche Reduzierung des Anteils der durch Lehrbeauftragte erteilten Stunden hingewirkt wird, und die die GMTH ausdrücklich begrüßt. Wünschenswert wäre es, wenn sich weitere Bundesländer entsprechenden Zielvorgaben anschließen würden. 

Der Vorstand der Gesellschaft für Musiktheorie
Juni 2021


  1. Nähere Informationen zu allgemeinen Missständen im Zusammenhang mit Lehraufträgen finden sich in den Publikationen der bklm (Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen), etwa der Frankfurter Resolution vom 23.01.2011 und die Auswertung einer Umfrage aus dem Jahr 2012.
  2. In der Hochschulfinanzierungsvereinbarung des Landes Baden-Württemberg vom 31.03.2020 ist vorgesehen, dass die Musikhochschulen des Landes sich verpflichten, den Anteil der durch Lehrbeauftragte erteilten Stunden bis 2025 auf 27 % zu senken.
  3. Die in Zusammenhang mit der Novelle des nordrhein-westfälischen Kunsthochschulgesetzes vom 15.04.2021 verabschiedeten Direktiven sehen bis 2026 die Schaffung von rund 80 neuen LfbA-Stellen (Lehrkräfte für besondere Aufgaben) und eine Senkung des Anteils der Lehrauftragslehre auf 30 % vor; vgl. dazu eine Pressemeldung der DOV.




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2021: Petition von Hans-Christian Hauser und der DOV

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Die Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten nimmt Stellung zur Petition von Hans-Christian Hauser. 

Der fragwürdige Umgang und die grundlose Nichtverlängerung der Lehraufträge von Lehrbeauftragten die seit Jahrzehnten an den Musikhochschulen tätig waren, ist Folge der gesetzlichen Rahmenbedingung des Lehrauftrags. Wir bitten den Bayerischen Landtag, den Sachverhalt sorgfältig zu prüfen.

Stellungnahme der BKLM
Zeitungsartikel der Süddeutschen Zeitung vom 29.10.2019

2021: Diagramme zur Umfrage von 2012

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Im Sommersemester 2012 führte die BKLM eine informelle Umfrage durch. Von den damals 4.827 Lehrbeauftragten an den 24 deutschen Musikhochschulen haben sich insgesamt 1.456 von 23 Musikhochschulen beteiligt. Die Ergebnisse:

Fast 45% der Umfrageteilnehmenden unterrichten insgesamt länger als 10 Jahre, das heißt, ein großer Teil der Lehrbeauftragten sind Langzeit-Dozenten, die durch ihre langjährige Erfahrung für den Unterrichts- und Prüfungs-Betrieb der Hochschulen nahezu unverzichtbar sind.

Fast 60 % geben an, dass der Lehrauftrag ein existentiell wichtiger Teil ihres Einkommens ist. Gleichzeitig geben über 60 % an, noch ein anderes vertragliches Arbeitsverhältnis zu haben. Dies stellt keineswegs einen Widerspruch dar; es ist vielmehr ein Hinweis auf die typischen beruflichen Patchwork-Existenzen, die aus mehreren Teilen bestehen. Keiner dieser Teile allein ist ausreichend zur Existenz-Sicherung, jeder dieser Teile ist unverzichtbar.

Lediglich etwa 13,4 % sind durch eine hauptberufliche Tätigkeit im Bereich Orchester / Theater abgesichert. Dies ist besonders interessant, da oft das Argument genannt wird, dass Lehrbeauftragte in großer Anzahl in Orchestern, Chören, Theatern abgesichert seien, was offensichtlich so nicht stimmt.

Ca. 79 % geben an, an einer festen Stelle (Teilzeit und/oder Vollzeit) interessiert zu sein.

Etwa in Drittel wird zu administrativen Tätigkeiten herangezogen, die nur teilweise vergütet werden.

Aus einzelnen handschriftlichen Ergänzungen wird zudem deutlich, dass zahlreiche Lehrbeauftragte die mangelnde Wertschätzung ihrer Arbeit beklagen.

Hier geht es zu den Daten und Diagrammen.

2020: Ergebnis der 11. Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten

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2020: Pressemitteilung: Lehrbeauftragte pochen weiter auf faire Arbeitsverhältnisse an Musikhochschulen

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Am 24. und 25. Oktober hat die 11. Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen (bklm) stattgefunden, diesmal als Video-Konferenz, ausgerichtet von der HMT Rostock. Fazit war: Die Corona-Pandemie zeigt überdeutlich die prekäre Situation der Lehrbeauftragten auf. Eine signifikante Umwandlung der Lehraufträge in privatrechtliche Verträge und Festanstellungen sind mehr als überfällig. Mit Sorge sieht die bklm die Entwicklungen in NRW, wo die bisherige Regelung – Durchbezahlung und soziale Absicherung – abgebaut werden soll.

Im Mittelpunkt der Konferenz standen die Umsetzung der Stuttgarter Reformatio und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Lehrbeauftragten. In intensiven Gesprächen tauschten sich Vertreter*innen der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen und vergleichbaren akademischen Einrichtungen über die Entwicklungen seit der 10. bklm vor einem Jahr aus.

Dabei wurde deutlich, dass es in keinem Bundesland entscheidende Schritte in Bezug auf die Stuttgarter Reformatio gegeben hat. Die Pandemie-bedingte Umstellung des Lehrangebots auf verschiedenartige Online-Formate sowie deren Durchführbarkeit und Akzeptanz durch die Studierenden im Sommersemester 2020 hat zudem dazu geführt, dass ein beträchtlicher Teil der im Lehrauftrag vereinbarten Stunden nicht gehalten und damit auch nicht vergütet werden konnte.

Hauptthemen der Podiumsdiskussion am Sonntagvormittag waren Hochschulfinanzierung bzw. Stellenschaffung, Bedeutung von Kunst und Kultur sowie die Corona-Pandemie. Unter der Moderation von Ludwig Hartmann (NDR) fand dazu ein Austausch statt zwischen Prof. Rico Gubler (Präsident der Musikhochschule Lübeck), Prof. Dr. Reinhard Schäfertöns (Rektor der HMT Rostock), Susanne Bowen (Staatssekretärin im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern), Dr. Johannes Kalbe (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), Daniel Peters (CDU, MdL), Jan-Christian Hübsch (Jurist der DOV), Ulrike Höfer (Sprecherin der bklm), Hayo Keckeis (Sprecherteam bklm).

In das neue Sprecherteam wurden gewählt: Ulrike Höfer und Birgit Schmieder als Sprecherinnen, Gottfried Engels, Elisabeth Fürniss, Sebastian Haas, Hayo Keckeis und Yumiko Yamamoto als weitere Mitglieder des Sprecherteams. Beschlossen wurden auch weitere Schritte zur formalen Integration von Lehrbeauftragten in die bklm, die an mit Musikhochschulen vergleichbaren akademischen Einrichtungen lehren. Diese sind zukünftig auch für eine Sprecherposition im bklm-Team wählbar.

Unser Partner: Unisono - deutsche Musik- und Orchestervereinigung

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#fairstattprekär - Aktion der Lehrbeauftragten in Leipzig und Dresden

„Mit der Ausbeutung von Dumping-LehrkrÄften muss Schluss sein!“

Mehr als 90.000 Lehrbeauftragte arbeiten an den Hochschulen in Deutschland. In den letzten 15 Jahren hat sich ihre Zahl mehr als verdoppelt. Sie haben keinerlei Arbeitsplatzsicherheit und erhalten häufig nur einen Dumpinglohn. Viele haben parallel Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen, um mit der Vergütung auch nur halbwegs über die Runden zu kommen. Sie gelten nicht als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, nicht einmal als Honorarkräfte, sondern stehen zu den Hochschulen in einem „öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis eigener Art“. Damit fehlt ihnen nicht nur ein Anspruch auf den Mindestlohn, sie bekommen auch keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und keinen bezahlten Urlaub. Der Arbeitgeber zahlt zudem für sie weder in die Kranken- und Pflegeversicherung noch in die Renten- und Arbeitslosenversicherung ein.